Die Vermittlungstechnik

Unsere Sammlung zur Vermittlungstechnik beginnt mit der Handvermittlung, die es im zivilen Bereich Westdeutschlands bis Ende April 1966 gab. Bedingt durch den Ortsbatterie-Betrieb der Feldtelefone wurde sie für militärische Belange noch bis weit in die 1990er Jahre hinein eingesetzt. Auch die rund 11.000 Teilnehmer der Mobilfunknetze 'A1' und 'A2' (zunächst 'Zugpostfunk', ab 1958 auch Autotelefon) konnten über die gesamte Laufzeit von 1955 bis 1977 nur handvermittelt werden. Im Festnetz dagegen war bereits jahrzehntelang die elektromechanisch aufgebaute (analoge) Vermittlung üblich. Das erste derart aufgebaute "Selbstanschluss-Amt" Europas war schon im Juli 1908 in Hildesheim in Betrieb genommen worden. Die Verbindung in ein anderes Ortsnetz (Fernverkehr) musste aber auch von dort aus über viele Jahre weiterhin per Handvermittlung getätigt werden.

Im Mai 1923 war es erstmals von Weilheim (Bayern) aus möglich, fünf weitere Ortsnetze im Selbstwähl-Fernverkehr zu erreichen. Hier fanden die von Frank Lundquist sowie den Brüdern John Erickson und Charles Erickson (alle Ingenieure bei der 'Strowger Company') weiterentwickelten und in 1895 unter eigenem Namen zum Patent angemeldeten Hebdrehwähler Verwendung. Sie wurden schon ab 1900 anlässlich eines Feldversuchs in Berlin erprobt und sind auch Bestandteil unserer Ausstellung. Einen noch recht unvollkommenen Vorläufer ließ sich der Firmengründer Almon Brown Strowger bereits 1889 patentieren. Auch wenn man heute gerne vom "Strowger-Wähler" spricht, so verkaufte dieser die Anteile der von ihm aufgebauten (inzwischen umbenannten) Firma in 1898 und war danach an den Arbeiten zur verbesserten Praxistauglichkeit nicht mehr beteiligt.

                 Das nebenstehende Foto zeigt eine verbesserte Variante des Hebdrehwählers (HDW)

In Westdeutschland arbeiten seit 1972 sämtliche Vermittlungsämter nicht nur zwischen den Ortsnetzen, sondern auch in der grenzüberschreitenden Telekommunikation vollautomatisch. Da waren in den Gestellreihen der Wählersäle aber bereits der Zeit angemessene EMD-Wähler verbaut (eine Siemens-Entwicklung, im Auftrag der Deutschen Bundespost). Erstmals in Deutschland wurden im Dezember 1967 in der Vermittlungsstelle Bad Canstatt (nördl. Stuttgart) -zunächst aber nur für 400 Teilnehmer- die elektromechanischen EMD-Wähler durch solche mit rein elektronischen Baugruppen (in TTL- und FET-Technik) der Firma 'AEG Telefunken' ersetzt.

Schon mit dem Beginn der automatischen Vermittlung und dem darauf folgenden rasanten Anstieg der Teilnehmerzahl musste die Netzarchitektur hierarchisch aufgebaut werden. Nicht zuletzt aus Gründen des hohen Wartungsaufwandes analoger Anlagen und der ohnehin geplanten Vereinheitlichung der europäischen Fernmeldenetze entschied sich die Deutsche Bundespost schließlich in 1979 für den sukzessiven Umbau aller Vermittlungsämter auf digitale (ISDN) Technik. Besonders in den neuen Bundesländern wurde nach der Wiedervereinigung dieser Prozess enorm beschleunigt. Ende 1997 war er in ganz Deutschland weitestgehend abgeschlossen. Es wurde -und muss auch noch heute- Abwärtskompatibilität gewährleistet werden. Sofern von den Endgeräten noch analoge Signale kommen, so müssen diese zunächst in einen digitalen Datenstrom umgewandelt werden. 

Diese Maßnahmen waren schließlich auch unabdingbar für die Realisierung der für die Teilnehmer oft sehr hilfreichen Zusatzfunktionen sowie die Abkehr von der relativ träge agierenden hierarchischen zur heutigen vermaschten Netzarchitektur. Hierbei ist jeder Netzknoten mit jedem anderen verbunden.

(Anm.:  Aus Gründen der Verbindungssicherheit arbeitet z.B. auch das Internet nach diesem Verfahren.)

Das Foto rechts zeigt eine schon in den 1920er Jahren von Friedrich Merk konstruierte und später u.a. von der Firma 'TN' gebaute Fallwählerbank, die auch in unserer Orts-vermittlung zu sehen ist. 

Das Foto links zeigt eines unserer Funktionsmodelle mit Edelmetallkontakt-Motor-Drehwählern (EMD). Diese Bauart wurde ab 1955 bei der Bundespost zum Standard erhoben.

 

Ein paar Schränke mit nahezu gleich aussehenden Modulen, wo bestenfalls einige Leuchtdioden blinken, werden beim Betrachter kaum großes Interesse hervorrufen. Im Wesentlichen endet daher unsere Ausstellung mit Beginn der Digitalisierung. Der Verbindungsaufbau mit Analogtechnik lässt sich hingegen bei unseren funktionsfähig installierten Anlagen und Minimal-Modellen nicht nur anschauen, sondern auch praktisch ausprobieren. Unsere Kollegen führen Ihnen gern die unterschiedlichen Wählertypen einer analogen Vermittlungsstelle vor.

Text und Bilder:  Bodo Krüger



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